Felix: Eine Geschichte von Mut, Kampfgeist und Glück

Herzkind Felix nach der OP

Frühchen Felix verbrachte viel Zeit im Krankenhausbettchen.

von Cornelia Schimmel

„Herzlichen Glückwunsch, Sie sind schwanger.“ – da war sie endlich, die lang ersehnte Nachricht für Christiane und ihren Mann Willi. „Mit eineiigen Zwillingen.“

Nicht nur gute Nachrichten

Zu diesem Zeitpunkt war Christiane 46 Jahre alt. Die Freude über das späte Elternglück war denkbar groß, doch wurde sie jäh getrübt: Wegen starker Blutungen musste Christiane von Anfang an viel liegen. Dann diagnostizierten die Ärzte in der Kinderklinik Wesel das seltene fetofetale Transfusionssyndrom (FFTS). Dabei teilen sich die Zwillinge einen Mutterkuchen (Plazenta) und einige Blutgefäße. Das führt unweigerlich dazu, dass ein Zwilling mit zu viel und der andere mit zu wenig Blut versorgt wird.

„Die Situation war extrem kritisch und es musste sofort operiert werden, um meine Kinder zu retten.“, erinnert sich Christiane heute noch gut. Bei der bevorstehenden OP werden die Gefäßverbindungen innerhalb des Mutterkuchens verödet. Ein heikles Unterfangen. „Wir wurden an die Uniklinik Bonn überwiesen, da Dr. Kohl damals der einzige Arzt in ganz Deutschland war, der diesen Eingriff durchführte.“

Große Sorge um die Zwillinge

Doch auch an der Bonner Uniklinik sorgten sich die Ärzte um die Mutter und ihre ungeborenen Söhne. Dass beide Kinder lebend zur Welt kommen sei sehr unwahrscheinlich. Noch unwahrscheinlicher sei, dass beide gesund überleben.

Die dunkle Prognose machte Christiane und ihren Mann sehr traurig. 23 Jahre hatten sie schließlich auf die gute Nachricht gewartet. Voller Gottvertrauen und trotz aller Warnungen entschieden sie sich in der 19. Schwangerschaftswoche dann für die Operation. Die Föten waren noch sehr klein, was den Eingriff letztendlich erleichterte. Während der Operation schweißte das Ärzteteam um Dr. Kohl die gemeinsamen Blutgefäße per Laser erfolgreich zu. Nun hatte jedes Kind seine eigene Blutversorgung. Heute weiß Christiane: „Wir Drei haben unendlich gekämpft und großes Glück gehabt.“

Herzkind Felix und Zwillingsbruder Moritz

Felix und Moritz: zwei Herzchen, die zusammenhalten.

Die Sorgen gehen weiter

Bis zur 36. Schwangerschaftswoche trug Christiane ihre beiden Jungs noch unter dem Herzen. Schließlich erblicken Moritz und Felix in Wesel per Kaiserschnitt das Licht der Welt. Auch wenn der relativ späte Zeitpunkt der Geburt für ihre Entwicklung gut war, waren sie dennoch Frühchen. Es dauerte lange bis sie richtig tranken. „Oft waren sie beide zu schlapp fürs Stillen. Das war eine anstrengende und sorgenvolle Zeit für uns alle.“, reflektiert ihre Mama.

Zwei schwache Herzchen

Moritz und sein zwei Minuten jüngerer Bruder Felix hatten auch weiterhin keine gute Prognose und einen schweren Start ins Leben. Beide Jungs haben kleine Löcher in ihren Herz-Vorhöfen, sogenannte Foramen Ovale, die nicht von selbst zuwachsen wie es bei Säuglingen üblich ist.

Und noch etwas bereitete den Eltern und Ärzten Sorgen: kurz nach der Geburt entdeckten sie bei Felix einen Herzfehler, eine Pulmonalklappenstenose. Um ihn zu retten, operierte Frau Dr. Ulrike Herberg, Oberärztin der Abteilung für Kinderkardiologie Universitätsklinikum Bonn, sein schwaches Herz nach nur vier Monaten in Bonn.

Felix, der Glückliche

Der Name des kleinen Kämpfers machte ihm alle Ehre, denn die OP verlief besonders glücklich. Ein minimalinvasiver Herzkatheter-Eingriff weitete seine Lungenschlagader. „Es blieb keine Narbe zurück. Die Einstichstelle sah aus wie ein Mückenstich und das, obwohl Felix noch ein winziges Baby war.“ Mama Christiane durfte mit in den OP-Saal und bei Felix bleiben bis er schlief. Nach der OP wachte der Kleine in ihren Armen wieder auf.

„In Bonn wurden wir warmherzig aufgenommen. Die Ärzte waren uns sehr zugewandt – wir haben uns sofort wohl und gut aufgehoben gefühlt.“ (Christiane, Mama von Felix) 

Regelmäßige Kontrollen

Drei Tage blieben Mutter und Sohn anschließend noch in der Klinik. Die halbjährliche Herz-Kontrolle lockerte sich mit der Zeit zu einer jährlichen. Auch die Löcher, die Foramen Ovale, in beiden Kinderherzen werden weiterhin regelmäßig kontrolliert.

Herzkind Felix

Herzkind Felix hat sein Schwimmabzeichen in Gold geschafft.

Akzeptable Abstriche 

Eine Einschränkung, mit der die Zwillinge deswegen leben müssen: sie werden nie tiefseetauchen dürfen. „Das ist mir allerdings sehr recht.“, schmunzelt Christiane. Nach so viel Aufregung ist sie froh, dass mittlerweile Ruhe eingekehrt ist. Oder besser: Normalität. Denn von Ruhe kann mit Zwillingen keine Rede sein.

12 Jahre später …

Die beiden Jungs wachsen ungestört heran und halten zusammen wie Pech und Schwefel – wie schon im Mutterleib. Diesen Sommer werden sie 12 Jahre alt. „Es überrascht mich immer wieder wie normal sich die beiden entwickelt haben“, staunt ihre Mama. „Im Nachhinein glaube ich, dass mein Mann und ich damals alles ein bisschen naiv und tatsächlich voller Vertrauen angegangen sind.“

Kaum zu bremsen

Herzkind Felix hat sich zu einem fröhlichen Jungen entwickelt, der seine Familie mit seinem Lebensmut begeistert und mitzieht. Sein Herz schränkt ihn nicht ein – im Gegenteil, es wächst und wird stärker. Der sportbegeisterte Fünftklässler, spielt Tennis und Schach, schwimmt beim DLRG und hat vor einem Jahr sogar sein Schwimmabzeichen in Gold geschafft. Er hält locker mit seinen gleichaltrigen herzgesunden Freunden mit. Vor einem Jahr hat sich zudem sein größter Herzenswunsch erfüllt: Ein Pudel namens Anka.

Seine Eltern und die Ärzte in Bonn haben damals unermüdlich um sein Leben gekämpft. Ein Leben, das er und seine Familie jetzt mit viel Leben füllen.

Seit 30 Jahren setzt sich kinderherzen für die Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten von Kindern und Erwachsenen mit einem angeborenen Herzfehler ein. Angeborene Herzfehler sind die häufigste angeborene Organfehlbildung. Allein in Deutschland leben über 100.000 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler.

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